Die Italienische Schönschrecke – Calliptamus italicus

entdeckt, fotografiert, interpretiert

Die erste Begegnung mit dieser Kurzfühlerschrecke (Caelifera), aus der Familie der Feldheuschrecken  (Acrididae), kann schon mal einen „schönen“ Schrecken verursachen, wenn bei einem Spaziergang durch einen Trockenhang ganz unverhofft und quasi in der vorletzten Sekunde vor dem Drauf-Treten ein dunkles Etwas vor den Füßen hochspringt und im eleganten Weiterflug plötzlich rosarot gefärbte Hinterflügel aufblitzen. Meine Reaktion war jedenfalls ein leicht erschrecktes: „Wow, schööön“!

Italienische Schönschrecke – Calliptamus italicus (♀).

Nun hat diese Reaktion sicher nicht zur deutschen Namensgebung beigetragen. Vermutlich weißt der Name „Italienische Schönschrecke“ auf ihr Hauptverbreitungsgebiet in Südeuropa hin. Hier ist die wärmeliebende Heuschrecke auch heute noch verbreitet. In Deutschland ist sie dagegen vom Aussterben bedroht (RL1).

Calliptamus italicus (♂), ansatzweise sind die leuchtend roten Hinterbeinschienen zu erkennen.

Ursachen hierfür sind: Verluste ihrer Lebensräume durch Verbuschung, eine geänderte Nutzung, auch natürliche Sukzession und zu kleine oder isolierte Populationen gefährden die Art.

Früher, in den 1930ger – 1950ger Jahren, trat die Italienische Schönschrecke in einigen Gegenden Deutschlands  bei warmer und trockener Witterung mitunter in solchen Massen auf, dass sie zur Plage wurde, was Bekämpfungsmaßnahmen nach sich zog (z.B. 1930 bei Darmstadt).

Auch existieren Berichte über zeitweilige Massenentwicklungen, die bei einigen Kulturfrüchten wie Kartoffeln, Weizen, Gerste etc. zu hohen Ernteverlusten führten. In Niederösterreich sollen die Insektenmassen sogar einen Eisenbahnzug zum Stehen gebracht haben.

Calliptamus italicus ernährt sich von Gräsern und Kräutern, möglicherweise auch von kleinen Insekten.

Heuschreckenplagen, verursacht durch die Italienische Schönschrecke, sind in Deutschland heute nicht mehr zu befürchten. Sehr viele der ehemaligen Vorkommen sind längst erloschen oder bis auf wenige Individuen geschrumpft.

Calliptamus italicus-Larve auf einem Fruchtstand von Globularia nudicaulis (Kugelblume). Königsheim (NSG Langenfeld).

Im Taubertal ist die Situation für die Feldheuschreckenart erfreulicherweise etwas günstiger. Hier gibt es noch einige individuenreiche Vorkommen, die vorrangig in süd-südwestlich exponierten Trockenhanglagen zu finden sind. Die hier besiedelten Biotope sind ausgesprochen warm und sonnig. Die Vegetation ist sehr lückig, der Boden steinig oder felsig und oft nur schwach konsolidiert.

Charakteristisch für viele Calliptamus italicus-Habitate im Taubertal, exponierte Trockenhänge mit steinigen, rutschigen Böden (bei Werbach).

Das Habitat der Italienischen Schönschrecke im NSG Brachenleite ist ein lückiger, ± kurzrasiger und an einigen Stellen stark vermooster, ebener Halbtrockenrasen, der nur im Randbereich zum geschotterten Weg mit wenigen Tieren besiedelt ist. Zum Teil ist der Standort nach Süden durch Bäume und Gebüsche beschattet.

Habitat von Calliptamus italicus im NSG, Gesamtübersicht.

Im Biotop-Vergleich mit anderen Vorkommen im Taubertal scheinen die Lebensraumverhältnisse für die Schönschrecke im NSG eher suboptimal zu sein. Dennoch konnten seit ein paar Jahren kontinuierlich immer einige Tiere beobachtet werden.

Calliptamus italicus-Larve, bei Störungen flüchten die agilen Larven gern in höhere Vegetation.

Kleine Populationen sind aber generell gefährdet, weil schon geringste Veränderungen im Lebensraum zu ihrem Erlöschen führen können. Darum sind ähnliche Sekundärbiotope wie auf der Brachenleite auch außerhalb eines NSGs wertvolle Elemente oder Trittsteine, über die sich nicht nur Heuschrecken sondern viele andere Tier- und auch Pflanzenarten ausbreiten können. Wichtigste Voraussetzung hierfür ist die Schaffung einer Vernetzung, die entsprechende Biotope miteinander verbindet.

Verbundenheit schafft auch im übertragenen Sinn einen Raum, indem sich Freude über Fülle und Vielfalt ausbreiten kann.  Zu erleben ist sie schon bei einem Spaziergang durch das NSG. Wenn beispielsweise an einem heißen Sommertag das gesamte Wiesenvölkchen der Heuschrecken mit vollbesetztem Orchester zu stridulieren beginnt und eingehüllt in diese sommerliche Geräuschkulisse für staunende Zuhörer der faszinierende Eindruck entsteht, da musizieren brillante Solisten sich voller Leidenschaft in einen wahren Rausch hinein. Doch jede Anstrengung lohnt sich! Denn es geht hier – wie immer – um die Gunst des weiblichen Geschlechts.

Calliptamus italicus (♀), adulte Weibchen werden 23 – 34 mm lang.

Auch die Italienische Schönschrecke gibt ihr Bestes. Für menschliche Ohren ist ihr Lied aber allenfalls als ein leises Knirschen zu hören und das nur aus allernächster Nähe. Sie, in der Regel er, striduliert nicht wie allgemein bei Feldheuschrecken üblich mit Hinterschenkel und Vorderflügel. Benutzt werden in diesem Fall die Oberkiefer (Mandibeln), die gegeneinander gerieben ein schwaches, knisterndes Geräusch erzeugen.

Calliptamus italicus (♂), adulte männliche Tiere erreichen eine Länge von 15 -23 mm.

Zur besseren Kommunikation wird vom kleineren Männchen zusätzlich die Körpersprache eingesetzt. Für Nichteingeweihte sieht das manchmal so aus, als würden einzelne Körperteile nacheinander in Ekstase geraten. Mal sind es die Fühler die heftig rotieren, dann die Hinterschenkel, die auf und ab zucken, beides zusammen geht auch. Darüber hinaus ist gelegentlich so etwas wie ein „Handstand“ zu beobachten. Spätestens jetzt wird klar, hier präsentiert sich ein paarungswilliges Männchen. – Und natürlich sind fast alle weiblichen Schönschrecken tief beeindruckt.

Calliptamus italicus ist trotz des etwas plump wirkenden Körperbaus bei Wärme sehr flugtüchtig.

Nach der „Hochzeit“, die von Juli bis August stattfinden kann, wird es für das Weibchen anstrengend. Durch ihren mit Eiern angeschwollenen Hinterleib wirkt sie jetzt fast doppelt so groß wie das Männchen, was bei einer Gesamteiproduktion bis zu 500 Eiern nicht weiter verwundert. Etwas schwerfällig macht sich die Schönschrecke auf die Suche nach geeigneten Eiablageplätzen. Pro Gelege werden bis zu 50 Eier in einem Sekretpäckchen im lockeren Boden oder in Moospolstern abgesetzt. Die feuchten Sekretkapseln verbinden sich mit staubfeinen Bodenkrümeln, trocknen aus und verhärten. Nun ist der Nachwuchs bestens verpackt und optimal geschützt.

C. italicus (♀), die Körperfarbe ist bei ♀ und ♂ Tieren grau- bis rotbraun, häufiger zu sehen sind helle Längsstreifen an den Halsschildseiten und Vorderflügeln.

Im April des darauffolgenden Jahres  schlüpfen die ersten Schönschrecken-Larven. Sie durchlaufen fünf Häutungsstadien und sind ab (Juni) Juli / August erwachsen (adult). Dann beginnt alles  wieder von vorn. – Wenn, ja wenn nichts Gravierendes dazwischen kommt!

Calliptamus italicus-Larve, durch ihre graubraune Färbung im Runzelmoos-Rasen (Rhytidium rugosum) perfekt getarnt.

Die Italienische Schönschrecke (Calliptamus italicus) ist in Deutschland nach den Richtlinien der BArtSchV und des BNatSchG besonderes geschützt.

Verwendete Literatur:

Bellmann, H. (1993): Heuschrecken beobachten, bestimmen, 2. Aufl., S. 214, Naturbuch-Verlag. (Augsburg)

Detzel, P. (1998): Die Heuschrecken Baden-Württembergs, S. 360-366, Verlag Eugen Ulmer (Stuttgart).

Internet:

http://www.orthoptera.ch/arten/item/calliptamus-italicus-italicus

http://www.pyrgus.de/Calliptamus_italicus.html

Text und Fotos: Marlies Jütte